Diese Sprachkneipe eröffneten wir mit Geschichten über meine Heimatstadt, die im Norden NRWs (Nordrhein-Westfalens) liegt. Nachdem ich die Geschichte meiner Heimat erzählt habe, habe ich meine Gäste über ihren Heimatort auf Deutsch reden lassen und wir haben eine kleine Gesprächsrunde geführt. Danach habe ich einige Bräuche meiner Heimat vorgestellt, wie z.B. Kohlfahrten, Sockenkränze, Eselreiten zum Geburtstag, etc.. Darauf bin ich in die Vorstellung von Plattdeutsch/Niederdeutsch übergegangen. Man mag es kaum glauben, aber es gibt überraschend viele Lieder, die ebenfalls auf Plattdeutsch gesungen wurden. Ich habe meinen Gästen das Lied „Hit the Road, Jack.“ auf Plattdeutsch vorgestellt und es schien so, als hätten sie sich darüber gefreut. Falls Sie sich selbst für das Lied interessieren, ist hier ein Youtube-Link, mit dem Sie es sich anhören können: https://www.youtube.com/watch?v=NDCbRXav0JQ&t=11s
Jetzt, nach nunmehr 5 Monaten, endet meine Zeit als Praktikant bei der Japanisch-Deutschen Gesellschaft in Tokyo. Nachdem ich im Frühjahr in Deutschland, am Tag der Abgabe meiner Masterarbeit, die Zusage für das Praktikum erhielt, machte ich mich schon zwei Wochen später auf nach Japan. Abgesehen von einem kleinen Urlaub im letzten Jahr sollte dies mein zweiter längerer Aufenthalt im Land der aufgehenden Sonne werden.
Durch meinen Studienaufenthalt in Kyoto 2016-2017 konnte ich mich schnell im Alltag zurechtfinden und hatte nicht das Gefühl „allzu fremd zu“ sein. Obwohl Tokyo als größte Stadt der Welt zugleich sehr spannend, aber auch immer sehr (sehr!) beschäftigt ist, steht es damit doch im Gegensatz zur alten Hauptstadt. Der Alltag im Büro glich dem in Deutschland während meiner Ausbildungs- und Praktikumszeit, wenn doch in Japan immer eine Spur mehr Eifer an den Tag gelegt wird. Wenn es z.B. an die täglichen kleineren Aufgaben geht, scheint auch hier ein Wille zur Perfektionierung allgegenwärtig.
Was ich aus dem Praktikum am positivsten in Erinnerung halten werde, war die große Abwechslung die es mir geboten hat. Natürlich bietet ein Praktikum nicht 100%ige Flexibilität, jedoch gehören routinierte Vorgänge im Büro einfach dazu und die Kollegen zu entlasten war stets ein gutes Gefühl. Die größeren Events waren mir allerdings am liebsten. Es wurden unter anderem Spiel- und Bowlingabende ausgerichtet, ein großes Sommerfest in der Deutschen Botschaft organisiert, einmal im Monat ein Japanisch-Deutscher Stammtisch durchgeführt und ich durfte sogar im Rahmen der Sommerintensivkurse, einige Japaner in der deutschen Dichtkunst unterrichten.
Am meisten Spaß haben mir jedoch meine „eigenen“ Projekte gemacht. In den Sprachcafés die ich ausrichten durfte, konnte ich mein Wissen um die Deutsche Geschichte an meine japanischen „Schüler“ weitergeben. Den kulturellen Austausch zwischen Japan und Deutschland hierdurch fördern zu dürfen, hat mich sehr gefreut und auch ein kleines bisschen mit Stolz erfüllt. Die Teilnehmer gaben mit stets das Gefühl, sich wirklich an den übermittelten Fakten zu erfreuen und die deutsche Geschichte, aus dem Wunsch mehr über die deutsche Kultur erlernen zu wollen, zu studieren. Mit einigen von ihnen werde ich auch über das Praktikum hinaus, persönlich in Kontakt bleiben.
Die größte Barriere für mich war, ist und bleibt leider die japanische Sprache. Durch den Büroalltag haben sich mein Wortschatz und vor allem das Hörverständnis sowie die Aussprache verbessert. Durch meine geringe Erfahrung und auch Schüchternheit habe ich jedoch kaum Japanisch gesprochen. Ich hoffe, dass ich trotzdem meinen Beitrag für die JDG leisten konnte und man mich in positiver Erinnerung behält. Das „Abenteuer Tokyo“ soll hier jedoch noch nicht für mich enden. Um den inneren Schweinehund zu überwinden, habe ich mich in eine japanische Sprachschule in Tokyo eingeschrieben und werde mindestens 6 Monate lang damit verbringen, des Japanischen endlich ein wenig mächtiger zu werden.
Was bleibt ist mich bei der JDG und meinen Kollegen für die Erfahrung die ich im japanischen Arbeitsalltag sammeln durfte, und welche mir ebenfalls zu meiner tollen Unterkunft in Tokyo verhalfen, zu danken und ihnen alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Auch wenn sich bald ein paar personelle Veränderungen einstellen werden, so denke und hoffe ich doch, dass die Japanisch-Deutsche Gesellschaft in Tokyo nicht aufhören wird, die Freundschaft zwischen beiden Völkern zu fördern und zu fordern.
Nach unserer Sommerpause haben sich am 19. September wieder viele Mitglieder und Nichtmitglieder der JDG zum Stammtisch in Ginza eingefunden. Dieses Mal konnte man nicht nur einige neue japanische Gesichter erblicken, auch zwei deutsche Urlauber fanden ihren Weg zum LION Restaurant. Insgesamt konnte sich der Stammtisch 18 Besuchern erfreuen, so dass wir unsere „übliche Runde“ noch um zwei Tische erweitern mussten. Die deutschen Gäste aus Berlin zogen die meiste Aufmerksamkeit auf sich. Viele Gespräche über die Eindrücke welche sie in Japan gesammelt hatten und ob ihre Erwartungen erfüllt bzw. enttäuscht oder Klischees bestätigt oder Lügen gestraft wurden, konnten geführt werden. Da auch beim Septemberstammtisch wieder die Lady mit der tollen Stimme anwesend war, konnten die TeilnehmerInnen nicht nur einigen kurzen Ausschnitten bekannter italienischer Arien lauschen, sondern auch ein Liedchen zusammen singen. Unter tatkräftiger Unterstützung eines Japaners und vor allem der deutschen Gäste wurde das Lied „Heideröslein“ angestimmt, was die schon vorher gute Stimmung im Raum noch erheblich erhöhte. Ein langjähriges Mitglied der JDG erzählte mir voller Stolz, dass er ab Oktober 2019 einen weiteren Deutschkurs belegen möchte und seine, durchaus guten, Sprachkenntnisse damit verfeinern wolle. Ein weiterer Gast berichtete davon, dass er schon mehrere Male für längere Zeit in Deutschland gelebt hatte. Die erste Reise für ihn begann 1960 und die letzte im 21. Jahrhundert. Er merkte belustigt an, dass er Deutschland vor, während und nach der Mauer besucht hatte. Für mich persönlich war es mein letzter Stammtisch als Praktikant bei der JDG. In den letzten Monaten habe ich mich mit vielen Stammgästen anfreunden können und möchte auch in Zukunft gerne wieder an dieser gemütlichen Runde teilnehmen. Besonders gefreut habe ich mich darüber, dass ich von einem Teilnehmer eingeladen wurde ihn auf dem Lande zu besuchen, um, nach einem gemeinsamen Mittagessen, ein wenig über die japanisch-deutschen Beziehungen zu sprechen. Ebenfalls erhielt ich die Einladung zu gleich drei Konzerten unseres emeritierten Musikprofessors. Wieder einmal stammen die Aufnahmen vom Stammtisch von unserem „Hausfotographen“ der seit langer Zeit jedes Mal die Treffen im Ginza-LION in seinen Bildern protokolliert, ihm gebührt auch dieses Mal unser Dank.
Krieg und Zerstörung haben das 20. Jahrhundert geprägt wie kein anderes. Es wurden und werden weiterhin Konflikte ausgetragen, jedoch sind niemals zuvor so viele Menschen in so kurzer Zeit gestorben wie im Zeitalter der beiden Weltkriege. Der Zweite Weltkrieg brachte Deutschland an den Rand der Vernichtung, das Wissen um dieses schwere Los ist auch den meisten Japanern bekannt, teilten sie doch das Schicksal der Besiegten. In der deutschen Geschichte gab es jedoch noch andere Krisen, die das deutsche Volk selbst beinahe auslöschten, z.B. die Pest von 1348 und den Dreißigjährigen Krieg der von 1618 bis 1648 auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reichs (deutscher Nation) und anderen europäischen Ländern wütete.
Mein letztes Sprachcafé sollte nun nochmal einen historischen Kern haben. Auch wenn die meisten Teilnehmer der Cafés sehr oft, auch dieses Mal, über ein beeindruckendes Wissen um die deutsche Geschichte verfügten, so konnte ich doch, viele neue Fakten vermitteln. Zum Beispiel, dass die Pest und der Krieg jeweils 1/3 der Bevölkerung den Tod brachten und die Gesellschaft radikal veränderten, so etwas gab es in der Japanischen Geschichte nicht. Die Pest hat viele Teile der Welt heimgesucht, aber nirgends so stark gewütet wie in Europa. Der alles überschattende Glaube an Gott und die Kirche geriet das erste Mal ernsthaft ins Wanken, die Vormachtstellung des Papstes wich. Durch die Erfahrung mit dem Tod zu jeder Zeit an jedem Ort wurde das Denken nach der Katastrophe stark verändert. Die folgende Mechanisierung (z.B. der Buchdruck), die Reformation der Kirche, die Renaissance und die Aufklärung können als indirekte Folge der Pest gedeutet werden. Die Schrecken des Krieges brachten an dessen Ende die Akzeptanz der verschiedenen Konfessionen und die Neuordnung Europas hervor. Die Pest wurde im Vortrag detailliert erläutert, der Dreißigjährige Krieg wurde jedoch auf die Teilnehmer des Konfliktes, die größte Tragödie im Krieg (Zerstörung Magdeburgs) und den westfälischen Frieden beschränkt, da sonst der zweistündige Rahmen des Sprachcafés deutlich überschritten worden wäre.
In der anschließenden Diskussion lag der Fokus auf großen Tragödien in der japanischen Geschichte. Eine so verheerende Pandemie wie die Pest gab es in Japan nie, allerdings wurde auf die ständigen Naturkatastrophen hingewiesen. Die Pest hat sich tief ins europäische Gedächtnis gebrannt, Japaner gehen jedoch anders mit Katastrophen um. Laut einem Teilnehmer werden diese hingenommen, man räumt den Schaden auf und macht weiter! Als japanische Parallele zum Dreißigjährigen Krieg wurde über die Sengoku-Zeit, Japans 100-jährigen Krieg, gesprochen. Hier wurde von einigen Teilnehmern angemerkt, dass es nicht um Religion, sondern nur um Macht ging, die Macht aber auch der wesentliche Antrieb aller Kräfte im Dreißigjährigen Krieg gewesen ist. Generell war die Diskussion über die verschiedenen christlichen Konfessionen der Punkt, der sich der größten Beliebtheit erfreute. Ich danke allen Beteiligten für Ihre Teilnahme an meinen Sprachcafés und wünsche ihnen für die Zukunft alles Gute.
Am 18. Juli fand in gewohnt uriger Atmosphäre des LION Restaurants der monatliche Stammtisch der JDG in Ginza statt. Auch dieses Mal kamen ca. zwei Dutzend Teilnehmer verschiedenen Alters und unterschiedlichster Berufsfelder zusammen. Bei einem Bier oder einem Glas Sekt wurde sich über die Erfahrungen mit der deutschen Kultur und Reisen nach Deutschland ausgetauscht. Ein Herr erzählte mir stolz, dass er der Nachfahre eines angesehenen Professors der Tokyo University sei. Weitere Gespräche behandelten die deutsche und europäische Geschichte vor und nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein mittlerweile regelmäßig beitragender Teilnehmer des Stammtisches erzählte mir, dass er dem Studium der Geschichte als Hobby fröne, wobei ich sehr erstaunt war, dass er neben seiner Selbständigkeit als Anwalt noch Zeit hierfür erübrigen kann. Auch wurden über Reisen nach Deutschland und in die USA gesprochen. Eine Dame berichtete, dass ihre Heimatstadt eine Städtepartnerschaft mit einer Stadt in Deutschland pflegt und es hier regelmäßig zwei Mal im Jahr zum Jugendaustausch kommt. Sie selber hatte in Wien gelebt, dort Deutsch gelernt und einige Städte in Deutschland besucht. Als Floristin konnte sie einige ihrer wunderschönen Blumengestecke via Smartphone präsentieren. Eine weitere Lady berichtete von ihrem Aufenthalt in einer Sprachschule im Großraum Washington DC, ein Herr überreichte mir ein selbstgeschriebenes Gedicht. Neben einigen Monaten, in denen sie die englische Sprache lernte, durfte sie dort außerdem ihr Talent als Sängerin unter Beweis stellen. In den letzten Jahren wurde ihr Hobby zum Beruf, was durch mehrere Auftritte in Japan bestätigt wurde. Wieder einmal war ich erstaunt über die Vielfalt der Erfahrungen und Berufe der Teilnehmer des Stammtisches. Es ist schade, dass im August aufgrund der Sommerpause kein Stammtisch stattfinden kann, jedoch freue ich mich, im September wieder an diesem teilzunehmen. Da wir unter den Teilnehmern auch einen guten Fotographen haben, welcher so freundlich war, mir seine Fotos zuzuschicken, kann durch die Bilder nochmal ein kurzer Eindruck des Stammtisches gewonnen werden.