Vom Hikarigaoka Bahnhof richtung Hikarigaoka-park. Habt ihr den Park erreicht, folgt der Straße mit den vielen Essensständen bis zum letzten Stand (Yatsugatake-smoke). Am dahinter liegenden Toilettenhaus, biegt ihr von der Straße 90 Grad nach links auf die "Wiese". Nach ca. 30 Metern seid ihr bei uns. Achtet auf die große Deutschlandfahne am Baum!
Letzte Woche bin ich auf den Berg Takao gestiegen. Es war, trotz verhangenem Himmel, schon recht warm, übrigens habe ich ohnehin nach den ersten paar Schritten bereits zu schwitzen begonnen. Etwa eine Stunde stieg ich solchermaßen hinan, dann war ungefähr die Hälfte geschafft. überdies war die Sonne bereits im Untergang begriffen, vor Einbruch der Dunkelheit musste ich, noch fern des Gipfels, wieder zurück sein. Deshalb mein Gedanke vor jeder Kurve: Jetzt kehre ich um! – In Wirklichkeit aber folgte dann die nächste Kurve, und die nächste, bis ich endlich auf dem Gipfel angelangt war.
Ich frage mich nicht, ob im Bergsteigen eine ähnlichkeit zum Praktikum bei der JDG liegt, oder ob hierin eine richtige Metapher für Mühe überhaupt liegt, ich frage mich nicht, weil ich die Antwort schon kenne, weil ich weiß, wie sehr jeder Neubeginn einem aufragenden Berg notwendig gleicht, wie man die Mühseligkeit, die Erleichterung, auch die Unterstützung erst in der Rundschau auf dem Gipfel völlig zu begreifen beginnt. Hier stehe ich nun, am Ende meines Praktikums, vorüber ein ganzes halbes Jahr, und denke über Anstrengung nach, ohne allerdings etwas zu finden, was mich besonders erschöpft hätte; im Gegenteil war es ein hauptsächlich mit guten Erfahrungen, mit Heiterkeit begangenes halbes Jahr, der Büroalltag war, obwohl mir ungewohnt, rasch und fast mühelos Teil des Alltags geworden, jeden Morgen spazierte ich von Shinjuku nach Shinanomachi – und all diese Morgen sollen nun ein ganzes halbes Jahr ergeben. War es aufgrund meines vorherigen Berufes, der mich nichts als angestrengt hatte? Gut möglich, aber vielleicht bzw. eigentlich mit Sicherheit, gebührt der Dank für mein erfolgreich absolviertes Praktikum hauptsächlich den Mitarbeitern bei der JDG, welche mir neue Erfahrungen ermöglicht, mich stets unterstützt, nie mich im Stich gelassen haben; überhaupt begriff ich dadurch erneut, wie entscheidend für Erfolg, weniger der Beruf, mehr als die aufgewendete Mühe, Mitarbeiter sind, die einem dort helfen, wo man selbst, sei es aus Unvermögen, sei es aus Mangel an Erfahrung, selbst nicht weiter kommt. Wohin werde ich von nun an gehen? Zunächst einmal bleibe ich wenigstens in Japan, sogar in Tōkyō; aber dennoch, trotz der offenkundigen Nähe, weiß ich genau: Die JDG wird mir fehlen, ebenso die Veranstaltungen mit den großartigen Gästen, die mich vor allem im Sprachcafé und in der Sprachkneipe immerzu unterstützt haben. Die JDG ist gewissermaßen eine Familie, die zu besuchen mir hoffentlich hin und wieder gestattet sein wird. Vorläufig allerdings verabschiede ich mich und ziehe weiter.
Auf dem Gipfel des Berges Takao angelangt, konnte ich mich dort nicht allzu lang aufhalten; denn der Weg zurück musste in Betracht gezogen werden, in schnellem Lauf ging es die Wege wieder hinab. Wie-der am Fuße des Berges angelangt, hatte die Dämmerung noch lange nicht eingesetzt. Viele Wege führen den Berg hinauf, ich werde daher gewiss noch öfters vorbeischauen; gleichzeitig sehe ich vor Augen noch einmal den Gipfel des Berges, und in der Ferne eine weitere, noch größere Gebirgsmasse vor dem Himmel sich abzeichnen.
Ich erinnere mich noch an mein erstes Sprachcafé im Oktober, es ging um Deutschlands Rolle in der EU, wir saßen beisammen und haben über Europa, die Geschichte Europas und auch, gewissermaßen nebenbei, über das Phänomen Nationalismus gesprochen. Damit sollte das Thema nicht enden: Wohin auch immer sich die Diskussion während der folgenden Sitzungen bewegte, ob Kultur, ob Postkolonialismus, ob Literatur Thema war – immer ging es wenigstens unterschwellig auch im die Frage nach der Nation bzw. deren Bedeutung für unsere Wahrnehmung von der Welt. Nicht aus Notwendigkeit, aber weil es nahe lag, habe ich daher für unser letztes Treffen nochmals das Thema, diesmal ohne Umweg, anbringen wollen: Nationalismus in Europa.
Zunächst einmal erschien es mir wichtig, darüber nachzudenken, was der Begriff Nation denn nun überhaupt bedeutet; fällt er doch im Alltag ständig und immerfort, aber, da dem häufig kaum Beachtung geschenkt wird, auch beinahe lautlos. Wir sagen Staat bzw. Nation und wis-sen gemeinhin gar nicht, was wir meinen; jedenfalls drängt sich mir dieser Eindruck auf. Folglich haben wir zuerst darüber gesprochen, inwiefern sich der Nationenbegriff in den frühen Natio-nalstaaten, wie etwa dem revolutionären Frankreich oder dem späteren Deutschen Kaiserreich entwickelt hat; überdies wurde gefragt, in welchen Kontexten der Begriff heutzutage für gewöhnlich Verwendung findet. überraschend war, dass Nationalismus im z.B. 19 Jh. mit positivem Beiklang verwendet wurde, wohingegen er heute, vor allem, wenn auch nicht ausschließlich, in Deutschland, häufig negative Konnotationen weckt. Der Blick auf die gegenwärtige politische Landschaft Europas führte uns solchermaßen zu Italien (Lega und MoVimento 5 Stelle Koalition), über Ungarn (Viktor Orbán), dann endlich zu Polens Justizreform unter der PiS-Regierung und dem dadurch schwelenden Konflikt mit der EU; zuletzt ging es noch über Un-abhängigkeitsbewegungen innerhalb von Staaten wie etwa im spanischen Katalonien. Hierauf begann wieder die Diskussion unter den Teilnehmern, wieder gingen Meinungen auseinander, aber wiederum auch aufeinander zu. Und wie selbstverständlich sprach man schließlich auch von Japans Rolle in Asien, zumal den Formen, die Nationalismus im eigenen Land annehmen kann; denn welche Formen von Nationalismus sollte man ablehnen? Welche nicht? Solchermaßen verlief die Debatte, angelangt an dem Punkt, wo wir um die grundlegende Beschaffenheit von Staaten sprachen.
Schlussendlich, es ist auch ein wenig bedauerlich, ging diese Sitzung vorüber. Noch einmal haben wir unsere Meinungen ohne Zurückhaltung, offen und ehrlich, ausgetauscht und auf diese Weise einiges voneinander zu lernen vermocht. Zuletzt muss ich, wie schon so oft, mein Erstaunen über das herausragende Niveau bekunden, auf dem sich das Deutsch der Teilnehmer, auch unter nicht einfachen Bedingungen, bewegt hat. Es war immer eine Freude und Bereicherung, die Gespräche zu moderieren; mir bleibt nun nichts mehr als zu hoffen, dass die Teilnehmer die nur angeschnittenen Gedanken nicht etwa vergessen, sondern vielmehr behalten und, wann immer möglich, weiterverfolgen und -entwickeln. Beim nächsten Mal sprechen wir erneut darüber!
Es ist einer jener Tage, an denen die Sonne bis in die Abendstunden scheint, der Staub sich in der Luft über den Landstraßen mit dem Atem mischt, und man, trotzdem die Stunde immer unbekannt bleibt, pünktlich zur Arbeit aufsteht. Die Landstraße muss ja gebaut werden, das Land erschlossen werden. Wälder, Steinbrüche, ödland, die See, dazwischen, nur in der Farbe unterschieden, manchmal Siedlungen oder Städte. Wo befinden wir uns hier? – Auf der Insel Catan, wo die Siedler um die kaum vorhandenen Ressourcen kämpfen.
Auch Spieleguru Herr Endō blickt mit zweifelndem Blick auf das schon fertig aufgebaute Brett: Es könne Stunden dauern, bis das Spiel endet, er rate uns also überhaupt davon ab. Unbeeindruckt beginnen wir dennoch eine Partie. Nachdem die ersten Schwierigkeiten bezüglich der Regeln überwunden waren, begann der Kampf um Siedlungsgebiet, um das überleben, um Ehre. Recht bald wurde ersichtlich, dass wir uns durchaus nichts schenken würden: Mal wurde gehandelt, dann wieder sich gegenseitig in den Rücken gefallen; Intrigen, Fallen, Hinterhalte – es gab alles, was Spaß macht, wie immer übrigens, wenn wir zum Spieltreff aufrufen.
Unterdessen dirigierten Herr Endō und Herr Matsunaga das Geschehen an den anderen Spieltischen; selbstredend war daher der Vorrat an Spielen nahezu unerschöpflich. Hin und wieder drang lautes Gelächter neben dem ein oder anderen ärgerlichen oder erschrockenem Aufschrei bis an den Siedler-Tisch. Im übrigen waren auch nicht wenige deutsche Teilnehmer erschienen; zur spielerischen Auseinandersetzung, auch um Freundschaften zu schließen, bietet sich hier stets Gelegenheit. Und über all dem schien die fröhliche Sonne unserer Fruchtbowle. Das Spiel der Siedler von Catan endete dann allerdings, entgegen unserer Erwartung, doch vor Abschluss des Events. Es blieb sogar noch Zeit, das nächste Spiel („Scotland Yard“) wenigstens anzufangen. Zu diesem Zeitpunkt war übrigens die Fruchtbowle bereits vollständig ausgeschöpft worden.
Sooft man den Fernseher einschaltet, die Zeitung aufschlägt oder auch nur ein Gespräch über die tagesaktuelle Politik beginnt, geht es darin häufig um Terror bzw. Terrorismus. Was aber bedeutet Terror eigentlich – und woher kommen unsere geläufigen Vorstellungen von Terror? Darüber haben wir im Sprachcafé diesen Februar diskutiert.
Zunächst standen die am meisten verbreiteten Bilder von Terrorismus im Vordergrund. Recherchiert man oberflächlich nach Terror, so erhält man unweigerlich die üblichen Nachrichten von islamistisch motivierten Anschlägen, des Weiteren Bilder von Soldaten des Islamischen Staates, Bin Laden oder sonst wie arabisch erscheinenden Männern; anhand dieser Beispiele sowie des sogenannten 11. Septembers haben wir daher auch über die Konstruktion von Feindbildern gesprochen. Und: Was macht Terror überhaupt zu Terror, d.h. unterscheidet einen Anschlag etwa von einem Amoklauf? Die Teilnehmer kamen vor allem zu dem Schluss, dass Terror hauptsächlich als politische Strategie funktioniert, wohingegen Amok kein eigentliches Ziel benötigt. Hierauf wurde auch medial weniger präsenter Terrorismus Gegenstand der Diskussion; etwa der Anschlag in Norwegen durch Anders Breivik 2011, die Morde des deutschen NSU-Netzwerkes und der Angriff mit Saringas auf die Tōkyōter U-Bahn 1995 durch den Ōm-Kult. Dadurch wurde klar, dass Terror mitnichten immer islamistisch motiviert, sondern auch durch Rechtsextremismus und andere Formen religiösen Wahns gefährliche Formen annimmt. Unter Bezug auf Jacques Derridas und Jean Baudrillards Thesen zu Terror, haben wir diskutiert, ob Terror nicht wirklich hauptsächlich von den eigenen Reihen ausgeht, durch militärische Gewalt also nur bedingt zu besiegen ist. Auch über Linksterrorismus in Deutschland durch die RAF haben wir gesprochen. Schließlich stand die unbeantwortet gebliebene Frage im Raum: Was ist ein Held, was ist ein Terrorist?
Die Diskussion erfolgte hier vor allem mit Beispielen aus der Geschichte: Die Ermordung Cäsars durch Brutus, das Stauffenberg-Attentat auf Hitler sowie unterschiedlich bedingte Sichtweise je nach Freund-Feind-Standpunkt führten zu manchmal durchaus leidenschaftlichen Auseinandersetzungen. Im übrigen haben wir Terror auch vor dem Hintergrund des „Grande Terreur“ der Französischen Revolution besprochen. Vielleicht klärt sich die Frage nach der Funktion von Terror auch und vor allem dadurch, unter welchen Umständen überhaupt von Terror die Rede ist.